Mastodon Tesla wider Willen – Sascha Wübbena
KategorienMobilität

Tesla wider Willen

Gründe für ein neues Auto können vielseitig sein. Entweder ist es alt und die Reparaturen übersteigen allmählich den Wert des Gefährts oder ein Unfall macht einem einen Strich durch die Rechnung. Oder aber, der Leasingvertrag läuft aus und man hat Lust auf was Neues. Außerdem gibt es Menschen (ich habe das wirklich so gehört), bei denen spielt Geld keine Rolle. Sie kaufen sich ein neues Auto, weil sie eh gerade beim Shoppen war. In meinem Fall war es Anfang des Jahres wirklich ein Unfall auf der Autobahn mit einem LKW. Glücklicherweise ist meiner Frau nichts passiert, obwohl die Fotos, die sie mir kurz danach geschickt hat, mein Herz fast zum Stillstand gebracht haben. Aber alles ist gut, es war „nur“ ein (gewaltiger) Blechschaden und ein großer Schreck.

Es war gerade eine Zeit, in der ich mich damit abgefunden hatte, dass ich kein neues Auto „bekomme“. Unser Opel Adam war nach Jahren endlich abbezahlt, er lief recht gut und verursachte außer Benzin, Versicherung, Steuer und ab und zu mal TÜV und Inspektion kaum Kosten. Und das war ein Status quo, den meine liebe Frau sehr schätzte. Und ja, ich gebe zu, dass sie recht hatte.

Also: kein neues Auto – auch wenn die längeren Fahrten zur Familie oder in den Urlaub mit dem Adam etwas unkomfortabel waren: laut und eng. Allein die Tatsache, dass man bei ein wenig mehr Gepäck (sprich: einem Koffer) schon die Rückbank umklappen musste, hat mich genervt. Ich wollte ja kein großes Auto. Warum auch? Wir sind zu zweit. Aber ein wenig mehr Komfort und Platz wäre schön gewesen.

Hallo Schatz, …

Aber dann kam der Anruf: „Hallo Schatz, ich hatte einen Unfall. Ein LKW-Fahrer hat mich nicht gesehen und hat das Auto über die Autobahn geschoben. Ich glaube, du kannst dich schon mal nach einem neuen Auto umgucken.“

Die nächsten Tage waren sehr aufregend. Und so viel Spaß es auch macht, sich nach einem neuen Auto umzuschauen, so nervenaufreibend ist das auch. Du wägst ab. Du schreibst Listen mit Vor- und Nachteilen. Du vergleichst Preise, Finanzierungen und Leasingangebote. Du besuchst Autohäuser mit teilweise sehr unerfreulichen Erfahrungen mit Beratern. Du klärst die Lieferzeiten. Letzteres war sogar enorm wichtig, weil wir den Ersatzwagen nicht ewig behalten konnten und wir abseits der Stadt auf ein Auto angewiesen sind. Es war also auch ein gewisser Zeitdruck da.

Doch recht schnell hatte ich einen Favoriten: Wir hatten uns gemeinsam den Smart #1 angeschaut. Von außen ist er nicht zu 100 % unser Fall. Zumindest die Seiten- und Dachlinie gefällt mir persönlich nicht so. Aber dafür ein ganz wundervolles Interior. Preislich ganz in Ordnung, mit 6 Wochen schnell lieferbar und er hat eine wirklich tolle Verarbeitungsqualität. Und von dem, was ich so gehört habe, sind auch die Assistenzsysteme sehr ausgereift. Finanzierungsrate: ungefähr 330 € im Monat. Das ist echt viel Geld, aber langstreckentaugliche Elektroautos liegen momentan alle so bei 42.000 bis 46.000 Euros. Und das ohne große Extravaganzen. Es sollte vollelektrisch sein, ich wollte gute Assistenzsysteme und meine Frau wollte ein Panoramadach.

Ach Mensch, Elon!

Ich wusste aber auch ganz genau, was ich nicht wollte: ein Tesla. Es gibt so viele Gründe, sich keinen kaufen.

  1. Die Verarbeitungsqualität. Auch wenn die inzwischen besser geworden ist, hat sie auf keinen Fall den Standard, den man in dieser Preisklasse von sämtlichen anderen Herstellern gewöhnt ist. Punkt. Und da kann mir jeder Tesla-Fanboy das Gegenteil beweisen wollen, es wäre gelogen.
  2. Elon.
  3. Elon.
  4. Elon.
  5. Elon.

Ich könnte noch 20-mal „Elon“ schreiben, weil er wirklich der Hauptgrund dafür war, keinen Tesla haben zu wollen. Auch wenn ich weiß, dass das Ladenetz von Tesla grandios ist. Auch wenn ich weiß, dass die Autos super effizient sind, schnell laden und gute Technik verbaut haben. Auch wenn ich die Tesla-Modelle wirklich schick finde. Trotzdem: Die teilweise widerliche Attitüde von Elon Musk und die vielen Missstände, die sich in seinem Umfeld immer wieder auftun zwingen mich dazu, ihm keinen einzigen Cent in den Rachen werfen zu wollen. Außerdem hat er mein geliebtes Twitter kaputt gemacht.

Aber um das etwas zu differenzieren: Es hat natürlich jeder Recht, der mir sagt, dass andere Autohersteller auch nicht frei von Anklage sind. Abgasskandal, Ausbeutung und andere Dinge wären hier zu nennen. In diesem speziellen Fall aber kommt eine große Antipathie gegenüber einem Mann zum Tragen, der sich immer und ständig in den Vordergrund spielt und öffentlich zeigt, wessen Geistes Kind er ist. Ich bin überzeugt: Wenn Tesla eines Tages untergehen sollte, dann nicht wegen seiner Produkte (ich klammere mal den Cybertruck hier mal bewusst aus), sondern wegen Musk.

Aber genug geschimpft.

Und jetzt doch?

Genau an dem Wochenende, wo meine Frau und ich uns für den Smart entschieden hätten, ist besagter Mann scheinbar morgens aus dem Bett gekrochen und hat beschlossen, das Model Y 5.000 Euro günstiger zu machen und noch eine 0-Prozent-Finanzierung draufzulegen. Es war überall zu lesen, und sämtliche deutsche Elektroauto-Youtuber berichteten ebenfalls darüber. So sehr ich mich auch angestrengt hätte, es zu ignorieren, es hätte nicht geklappt. Das ist halt so, wenn man in einer bestimmten Bubble auf Social Media unterwegs ist.

Mit einem tiefen Seufzer ging ich also auf die Webseite von Tesla, hackte meine Konfiguration und die Finanzierungsdaten ein und musste hart schlucken. Die monatliche Belastung für die Finanzierung war locker 80 Euro niedriger als beim Smart. Und teilweise 100 Euro günstiger als beim VW iD.3. Ich besprach das mit meiner Frau, wir machten einen Probefahrttermin im Tesla-Center Regensburg aus und bestellten noch am gleichen Tag das Auto. Und 3 Wochen später stand es vor unserer Tür.

Und damit bin ich jetzt ein Tesla-Besitzer. Ich freue mich über das neue Auto. Es gibt viel Tolles über das Model Y zu erzählen (was ich bei Gelegenheit tun werde). Aber es gibt es auch Dinge, die mich vollkommen wahnsinnig machen (worüber ich ganz sicher auch schreiben werde). Und der fade Beigeschmack begleitet mich, dass ich jetzt ein Auto fahre, welches ich eigentlich gar nicht haben wollte.

Und damit beende ich für heute die Thematik dieses First-World-Problems. Das ist alles „jammern“ auf einem extrem hohen Niveau – das weiß ich auch. Aber so ist es nun mal abgelaufen, und das waren meine Gedanken dazu. Kann man nichts machen.

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